Archäologische Ausgrabungen auf dem Tell Halaf, Syrien
Der Tell Halaf in Nordost-Syrien gehört zu den bedeutendsten antiken Siedlungshügeln Vorderasiens. Nach den Grabungsarbeiten 1911-1913 und 1929 durch Max von Oppenheim wurden die Untersuchungen seit 2006 durch ein syrisch-deutsches Team der Generaldirektion der Altertümer und Museen Damaskus und des Vorderasiatischen Museums Berlin in Zusammenarbeit mit der Martin-Luther-Universität Halle, der Eberhard Karls Universität Tübingen und der Universität Bern wieder aufgenommen. Seit Abbruch der Arbeiten 2011 wird im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Langzeitvorhabens an der Endpublikation der Grabungskampagnen 2006 bis 2021 gearbeitet.
Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Arbeiten stehen, neben den abgeschlossenen Studien zum Assyrischen Statthalterpalast, weitere Untersuchungen zur Unterstadt, den Kleinfunden und der Keramik.
Die dabei gewonnenen Erkenntnisse zur assyrischen Wohnbebauungen auf der Lehmziegelplattform im Süden der Zitadelle sowie in der östlichen Unterstadt, zeigen neue Facetten der Architektur und materiellen Kultur der Siedlung auf und leisten einen Beitrag dazu, Guzana in seiner Rolle als Provinzhauptstadt des Neuassyrischen Reiches zu verstehen. Zudem hat sich bei der Auswertung des Datenmaterials unerwartet gezeigt, dass insbesondere die Nachnutzungsphasen der Zitadelle in der Spätzeit (achämenidische und hellenistische Zeit) wesentliche neue Informationen erbracht haben. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die Siedlungsentwicklung am Tell Halaf von Interesse, sondern von überregionaler Bedeutung für die kulturgeschichtliche Entwicklung Nordmesopotamiens. Speziell die spätzeitlichen Siedlungsperioden stellen bisher ein Desiderat in der Forschung zu dieser Region dar.
Das Gesamtprojekt „Ausgrabungen am Tell Halaf – Endpublikation“ leistet einen Beitrag zum Kulturerhalt in einer Krisenregion. Angesichts der militärischen Auseinandersetzungen im syrisch–türkischen Grenzgebiet und der damit einhergehenden Zerstörung von Kulturgütern erlangt das Projekt deshalb besondere Bedeutung.