Diglossie im ptolemäischen Ägypten / Diglossia in Ptolemaic Egypt
Als eine der am längsten belegten Sprachen stellt das Ägyptische einen besonderen Untersuchungsgegenstand für die Analyse von Sprachwandel in einer diachronen Perspektive dar. Unter den Chronolekten des Ägyptischen weist Égyptien de Tradition die längste Laufzeit mit etwa 1500 Jahren auf (~1100 v. Chr. bis ~ 400 n. Chr.). Die Zeitgleichheit von Égyptien de Tradition, Neuägyptisch, Demotisch und sogar Frühkoptisch, macht es zu einem besonders spannenden Fall von Diglossie. Texte, die zu dieser sprachlichen Varietät gehören, nutzen ein klassisches, mittelägyptisches Gerüst und verbinden dies mit Merkmalen zeitgenössischer und Chronolekte, wie dem Neuägyptischen und Demotischen. In der Forschung wurde die An- oder Abwesenheit dieser grammatischen Merkmale unterschiedlicher diachroner Provenienz als datierungsrelevant angesehen, um alte von neuen Texten zu scheiden. Die linguistische Bewertung sprachlichen Varietäten hat, im Gegenzug, Konsequenzen für die Einschätzung der philologischen Fähigkeiten und Praktiken ägyptischer Textproduzenten der Spät- und Ptolemäerzeit. Angesichts der grammatischen Heterogenität von Texten in Égyptien de Tradition strebt dieses Chronoi-Projekt die Entwicklung einer linguistischen Annotation an, deren Auswertung uns befähigt, Cluster und Tendenzen dieser Sprachstufe zu erkennen, um unser Verständnis von Textregistern und Textproduktion in der Ptolemäerzeit voranzubringen. Im Zentrum des Projekts steht die Analyse der ptolemäischen Synodaldekrete in Vergleich mit anderen zentralen Texten dieses Chronolekts. „Diglossie im ptolemäischen Ägypten“ kollaboriert mit dem Akademienvorhaben „Strukturen und Transformationen des Wortschatzes der Ägyptischen Sprache. Text- und Wissenkultur im Alten Ägypten“ an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.