Therapeutische Ansätze und die „praktische Medizin“ (A03)
Der Schwerpunkt dieses Unterprojekts ist die für die spätantike Medizin charakteristische zunehmende Fokussierung auf praktische Nützlichkeit. Der reale Alltag der medizinischen Praxis entzieht sich zwar unserer Kenntnis und wir können nur sein Echo in den Schriftzeugen verfolgen, aber in manchen medizinischen Fachgebieten können wir ihm näher kommen als in anderen. So gewähren besonders Texte über chirurgische Techniken, Diätetetik, medizinische Ratschläge für Reisende und Rezepte für Medikamente Einblicke in den ärztlichen Alltag, und case studies können hier weiterhelfen. Die Materialauswahl wird sich hier nicht auf die drei medizinischen Enzyklopädisten – Oribasius, Aetius und Paulus Aegineta – beschränken, sondern auch andere spätantike medizinische Autoren, sowie auch Heiligenviten, mit einschließen. Ein weiteres wichtiges Subgenre sind die Schriften über iobola, also Reptilien, Insekten und Arachniden, deren Bisse und Stiche gefährlich sind, deren Abwehr und Behandlung. In all diesen verschiedenen Werken lässt sich beobachten, wie ein als essentiell betrachteter Wissenskern sowohl weitergegeben als auch fortlaufend modifiziert und aktualisiert wird.