Rekonstruktion einer alten Kulturlandschaft in Baluchistan, Pakistan
Baluchistan ist im Hinblick auf die kulturelle Entwicklung im indo-iranischen Grenzgebiet eine Schlüsselregion. In der Zeit von etwa 4500 bis 2600 v. Chr. wurden neue Regionen erschlossen, Rohstoffe, Technologien und Stile verbreiteten sich weiträumig, es entstanden überregionale Netzwerke, die ersten Städte und um 2600 v. Chr. die erste Hochkultur am Indus. Nach einer langen Besiedlungslücke von etwa 1700 v. Chr. bis um 200 v. Chr. erlangte sie mit der Ausbreitung des Islam eine neue Bedeutung als Transitregion.
Im 20. Jahrhundert für Jahrzehnte unzugänglich, fanden seit 1973 nur drei große internationale Projekte statt. Neben den französischen Missionen arbeitete die Deutsch-Pakistanische Mission nach Kalat von 1996 bis 2007 im zentralen und südöstlichen Hochland. Politische Spannungen verhindern seither weitere Feldforschungen.
Der von 1996 bis 2000 in Südostbaluchistan durchgeführte Survey zeitigte eine Entdeckung von 413 Fundplätzen aus der Zeit von 4500 v. Chr. bis zum 19. Jahrhundert, deren zeitliche und räumliche Verteilung zu wichtigen Aufschlüssen über die Entwicklung und Kultur der Region geführt hat. Die Ergebnisse werden vertieft durch Forschungen in Sohr Damb/Nal, einem 13 Meter hohen Tell, und seinem Umland (2001–2007). Der Hügel ist heute einer der Leitfundorte für die Zeit von 3500 v. Chr. bis 2300 v. Chr. im indo-iranischen Raum.
Seit 2008 finden Aufarbeitungskampagnen in Karachi statt. 2010 wurde das Team mit der Bearbeitung eines vom Zoll konfiszierten Konvoluts von 768 vollständigen Gefäßen aus Baluchistan, die sich jetzt im Nationalmuseum Pakistan in Karachi befinden, betraut. Dieses Material ist ein faszinierendes Zeugnis der vergangenen Blütezeit dieses heute nur noch dünn besiedelten Raumes. Es wird im Rahmen des Projektes dokumentiert, restaurtiert und schließlich in einer kleinen Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert