BIOARCAUCASUS: Anthropologische Untersuchungen im Nordkaukasus
Waren die bronzezeitlichen Bewohner des nördlichen Kaukasus besonders unvorsichtig bei der Verrichtung ihrer täglichen Arbeiten? Hinterlässt das Fahren eines Wagens Spuren am Skelett? Ist der Zahnstocher zum Entfernen von Speiseresten in der Bronzezeit im Nordkaukasus „erfunden“ worden? Antworten liefern anthropologische Untersuchungen.
Die bronzezeitliche Kulturentwicklung im Kaukasus und dem vorgelagerten Steppenraum zwischen dem 4. und 2. Jt. v. Chr. ist von einer bemerkenswerten Dynamik geprägt. In der Majkop-Kultur des 4. Jt. v. Chr. lassen sich in gebündelter Form eine Reihe sozialer und technischer Innovationen nachweisen, wie die Bestattung einzelner Individuen unter Großgrabhügeln, die Einführung von Rad und Wagen, neuer Waffen und die Herstellung innovativer Legierungen sowie die Verwendung von Silber. Im 3. Jt. v. Chr. setzen sie sich in der überregional verbreiteten Jamnaja- und Katakombengrab-Kultur, zum Teil aber auch in der lokalen Nordkaukasischen-Kultur fort. Diese erstaunliche Verdichtung von Neuerungen scheint die Bedeutung des Kaukasus als Lagerstätte für Metalle und die geographische Lage an der Schnittstelle zwischen vorderasiatischen Hochkulturen und dem nordpontischen Steppenraum zu reflektieren.
Weil Siedlungen bis heute weitgehend unbekannt sind, spielen die reich ausgestatteten Gräber eine zentrale Rolle bei der Erschließung der Lebensbedingungen und Subsistenzstrategien der Menschen. Die hohe Qualität und die große Menge von Grabfunden erfordern eine gezielte, aber repräsentative Auswahl, sowie eine Fokussierung auf zentrale Forschungsthemen. Ein idealer methodischer Ansatz dazu sind bioarchäologische Analysestrategien, allen voran die physische Anthropologie und die Analyse stabiler Isotope.